Freitag, 05 Juli 2013 02:00

Mit fairem Handel unfair ausgeschrieben – EuGH, Urteil v. 10.05.2012, C-368/10

geschrieben von

Öffentliche Auftraggeber sind derzeit bemüht, das Vergaberecht zu politisieren und den Einkauf der öffentlichen Hand für die Durchsetzung tagespolitischer Zwecke zu nutzen. Der EuGH hat dem nun in einer differenzierten Entscheidung – mal wieder – Grenzen gesetzt.

 

Die Provinz Nordholland schrieb die Befüllung von Kaffeeautomaten aus und forderte die Verwendung von ausschließlich fair gehandeltem Kaffee. Darüber hinaus hatten die Bieter „Kriterien in Bezug auf nachhaltige Einkäufe und gesellschaftlich verantwortliches Verhalten zu erfüllen“, die jedoch nicht genauer benannt waren. Darüber hinaus war anzugeben, inwiefern der Lieferant zur Verbesserung der Nachhaltigkeit des Kaffeemarkts und zu einer umwelttechnisch, sozial und wirtschaftlich verantwortlichen Kaffeeproduktion beiträgt.

Der EuGH hat einer Klage der Kommission auf Feststellung einer Verletzung des EU-Vertrages stattgegeben. Zwar dürfe der Auftraggeber durchaus „fair gehandelten Kaffee“ verlangen. Dieses Kriterium knüpft an den konkreten Auftragsgegenstand an. Soweit Kriterien für ein verantwortliches Verhalten und eine Verbesserung einer „umwelttechnisch, sozial und wirtschaftlich verantwortlichen Kaffeeproduktion“ gefordert wurden, war das schon unzulässig, weil die Anforderungen völlig unpräzise sind.

Derartige Forderungen führen zu einem intransparenten Auswahlverfahren, das der bewussten Bevorzugung bestimmter Bieter Vorschub leistet. Zudem haben derartige Kriterien keinen unmittelbaren Bezug zum Auftrag. Allgemeine politisch wünschenswerte Verhaltensweisen können ohne einen solchen Bezug nicht zum Gegenstand einer Eignungsprüfung gemacht werden. Lediglich die Einhaltung geltender Gesetze darf erwartet werden. Letztlich entspricht es dem Demokratieprinzip, dass nur der Gesetzgeber im Rahmen der Verfassung das Verhalten Privater steuern darf. Der Verwaltung kann dies ohne gesetzliche Grundlage nur gestattet sein, soweit es um die Bestimmung des eigenen Bedarfs geht. Eben hierfür bedarf es aber des Auftragsbezugs von Auswahlkriterien.

Weitere Informationen

  • Haftungshinweis: Die auf dieser Homepage abrufbaren Informationen und Veröffentlichungen sind ein kostenloser Service von WMVP Rechtsanwälte. Die Rechtsinformationen entbehren keiner rechtlichen Beratung und geben nicht zwangsläufig die aktuelle Rechts- und Gesetzeslage wieder. Wenn Sie Fragen zu einem der dargestellten Themen haben, stehen Ihnen unsere Rechtsanwälte gerne als Ansprechpartner zur Verfügung. Eine Haftung für die Inhalte der Artikel wird nicht übernommen. Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir keine kostenlose Rechtsberatung erbringen können.
RA Dr. Moritz von Münchhausen

Rechtsanwalt Dr. Moritz von Münchhausen ist Gründungspartner und Geschäftsführer der Kanzlei.

WMVP Rechtsanwälte, Osterstraße 1, 30159 Hannover, Tel. 0511/260918-0, muenchhausen@WMVP.de

Copyright © WMVP Rechtsanwaltskanzlei | Webdesign by CMS-Webagentur Zürich

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.